Beiratserrichtung im Familienunternehmen aus notarieller Sicht
Nicht selten stellen sich die Gesellschafter eines Familienunternehmens die Frage, ob die Errichtung eines – freiwilligen – Beirats ein sinnvolles Instrument zur Sicherung des Unternehmens über Generationen hinweg sein kann. Ist der Beirat mit kompetenten Mitgliedern besetzt und funktioniert die Zusammenarbeit mit den Gesellschaftern und den Geschäftsführern, so gereicht dies zum Vorteil des gesamten Unternehmens.
Handelt es sich beim Familienunternehmen um eine – nicht mitbestimmungspflichtige – GmbH, kommt der Notar ins Spiel: Soll der Beirat mehr als ein rein beratendes Gremium sein, ist dessen Verortung im Gesellschaftsvertrag zumindest hinsichtlich der Kernpunkte der Beiratsregelungen zwingend erforderlich. Eine entsprechende gesellschaftsvertragliche Regelung bedarf bei der GmbH der notariellen Beurkundung, sei es bereits im Gründungsstadium oder bei einer späteren ¾nderung des Gesellschaftsvertrags (§§ 2, 53 GmbHG). Dabei sollte der Notar in der Lage sein, den Gesellschaftern zielführende vertragliche Regelungen vorzuschlagen. Dieser Beitrag unternimmt den Versuch, dem Notar Hinweise für eine bedarfsgerechte Vertragsgestaltung zu geben.
Autor: | Dr. Matthias Döring, LL.M. |
Standort: | Freiburg |
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A. Ausgangslage
Zunächst sollte man sich den Unterschied zwischen einem freiwillig bestellten Beirat und einem obligatorischen Aufsichtsrat vergegenwa¨rtigen: Die Pflicht zur Implementierung eines Aufsichtsrats gibt es bei Aktiengesellschaften (AG) oder Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA) sowie bei mitbestimmungspflichtigen GmbHs (ab 500 Mitarbeiter); der Aufsichtsrat unterliegt detaillierten gesetzlichen Regelungen, insbesondere §§ 95 ff. AktG, § 52 GmbHG, § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG, § 6 Abs. 2 MitbestG.
Ein freiwilliger Beirat kann grundsätzlich bei Personengesellschaften oder nicht mitbestimmungspflichtigen GmbHs eingeführt werden; er unterliegt, anders als ein aktienrechtlicher Aufsichtsrat, keinerlei Reglementierungen, kann somit in Aufgaben, Kompetenzen und Zusammensetzung individuell an die Anforderungen des Familienunternehmens angepasst werden. Im Folgenden soll daher nur vom Beirat im Sinne eines freiwillig eingerichteten Beratungs- und Aufsichtsgremiums die Rede sein, unabhängig davon, welche Terminologie für ihn verwendet wird. Insbesondere soll nicht darauf eingegangen werden, inwieweit ein Beirat mit Überwachungsfunktion gegenüber der Geschäftsführung als „fakultativer Aufsichtsrat“ zu bezeichnen ist.
Damit diese gestalterische Freiheit bei der GmbH zum Tragen kommen kann, ist die Anwendung der aktienrechtlichen Vorschriften auf den Beirat in der Satzung explizit auszuschließen; § 52 GmbHG ist insoweit dispositiv.
B. Gesellschaftsvertragliche Verortung des Beirats
Während die gesellschaftsvertragliche Regelung eines Beirats bei einem lediglich beratenden Gremium entbehrlich ist, ist sie bei einem sog. Kontroll- oder Entscheidungsgremium zwingend (hierzu sogleich unter C.). Denkbar ist, die gesellschaftsvertragliche Verortung zunächst mit einer Ö ffnungsklausel im Gesellschaftsvertrag aufzunehmen, wobei die Kernpunkte eines solchen fakultativen Beirats auch im Gesellschaftsvertrag aufzunehmen sind.
Hinsichtlich der Anzahl der Beiratsmitglieder gibt es keine festen Vorgaben. Erfahrungsgemäß beträgt deren Zahl in gut der Hälfte der Fälle drei bis vier Mitglieder, in ca. 30 % der Fälle fünf bis acht Mitglieder. In der Regel steigt die Zahl mit wachsender Umsatzgröße des betroffenen Unternehmens. So kam eine empirische Untersuchung im Jahr 2009 zu dem Ergebnis, dass Beiratsgremien in Familienunternehmen mit unter 25 Mio. EUR Jahresumsatz durchschnittlich knapp vier Mitglieder haben, während Familienunternehmen mit mehr als 500 Mio. EUR im Durchschnitt ca. acht Beiratsmitglieder bestellt haben.
Wegen der besonderen Vertrauensstellung, die Beiratsmitgliedern im Familienunternehmen zukommt, aber auch wegen der Befähigung, Interessenkonflikte im Gesellschafterkreis oder zwischen Gesellschaftern und Geschäftsführung ausgleichen zu können, sollten die Beiratsmitglieder von einer breiten Mehrheit der wesentlichen Gesellschaftergruppen ins Amt gewählt werden. Dies gilt umso mehr für die Personen des Beiratsvorsitzenden sowie seines Stellvertreters, denen eine besondere Rolle im Zusammenspiel zwischen Gesellschafterversammlung, Geschäftsführung und Beirat zukommt.